Sachsenhausen-Gedenklauf am 6. Mai 2012 in Schwerin
12. Mai 2012
Liebe Läuferinnen und Läufer, sehr geehrte Frau Landtagsvizepräsidentin, ich begrüße Sie zum 47. Sachsensenhausen-Gedenklauf. Der Lauf erinnert an den Todesmarsch der Häftlinge des KZ Sachsenhausens, der hier am 2. Mai 1945 an der Störbrücke in Raben Steinfeld endete.
Mehr als 30.000 KZ-Häftlinge wurden am 21. April 1945 zu Marschkolonnen zusammengefasst und unter unmenschlichen Bedingungen in Richtung Lübecker Bucht getrieben. 6.000 Häftlinge überlebten die Tortur nicht. Sie starben an Entkräftung oder wurden von SS-Leuten ermordet. Mit dem Sachsenhauslauf wird in Schwerin seit mehreren Jahrzehnten eine Tradition verfolgt, die sinnvoll und gut ist. Der Lauf erinnert an die Opfer der Nazi-Tyrannei, die für Tausende Häftlinge auf der Todesmarschstrecke bis kurz vor Schwerin mit dem Tod endete. Der Lauf erinnert aber zugleich daran, dass die Ursachen für den sinnlosen Tod dieser Menschen aus allen Teilen Europas und Millionen anderer Opfer des NS-Regimes weit vorher ansetzen. Wir erinnern daran, dass Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus in Deutschland und anderen Ländern weit verbreitet waren und den Nazis den Anknüpfungspunkt für Ihre legale Machtergreifung gab. Der Weg führte von der systematischen Diskriminierung von Andersdenkenden und Minderheiten, über deren rechtliche Ausgrenzung schließlich zur Deportation und Ermordung von Millionen Menschen. Wir erinnern zugleich daran, dass profitgierige Unternehmen und Banken mit ihrer Zuwendung zu den Nazis bereits seit Beginn der dreißiger Jahre einen absehbaren Krieg mit Millionen Opfern in Kauf nahmen, an dem sie gut zu verdienen hofften und gut verdienten. Wir wollen mit diesem Lauf aber auch daran erinnern, dass in Europa und speziell in Deutschland neue Nazis und Rechtspopulisten an die originalen Ideen der alten Nazis anknüpfen und mit antisemitischen, rassistischen und kulturellen Vorurteilen Hass und Ausgrenzung schüren. Im Landtag von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern versuchen NPD-Politiker, der von ihr praktizierten Diskriminierung von Minderheiten die rechtliche Ausgrenzung folgen zu lassen – etwa mit der Forderung nach einer „Volksgesundheitskasse“, aus der 16 Millionen Ausländer und Migranten nach ihrer Lesart ausgeschlossen werden sollen. Oder mit dem Gerede über einen angeblichen „Bombenholocaust“, mit dem Ursachen und Folgen des Krieges verdreht werden. Modifiziert ist hierzu in den Parlamenten von Magdeburg, Cottbus, Heilbronn und Schwerin ein Antrag der NPD eingegangen, der aus dem Leid der Bombenopfer des Krieges nationalistisches Kapital zu schlagen versucht. Wir erinnern auch an die neuen Opfer der neonazistischen Gewalt heute, an 180 Todesopfer seit 1990, an jährlich 800 Gewalttaten sowie jährlich bis zu 20.000 Straftaten mit neofaschistischem Hintergrund. Mit dem Sachsenhauslauf wollen wir zugleich an die Notwendigkeit eines NPD-Verbotes erinnern. Damit verschwindet zwar Nazi-Gedankengut nicht automatisch. Aber durch den Wegfall von 16 Millionen Euro parlamentarischer Förderung der NPD allein in zwei Bundesländern in einer Legislatur wird die Verbreitung von Nazi-Gedankengut erschwert und die NPD öffentlich geächtet. Ich bin froh, dass die Innenminister der Länder mit dem Beschluss, auf V-Leute in der NPD zu verzichten, den Weg für ein NPD-Verbot frei gemacht haben. Ich hoffe, dass mit den Recherchen zur NSU-Terrorzelle auch weiterhin in der Öffentlichkeit die vielfache Verknüpfung von NPD-Kadern und NSU-Terroristen offengelegt wird und ein NPD-Verbot gelingt – im Namen der Nazi-Opfer gestern und heute. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen beim 47. Sachsenhausengedenklauf viel Erfolg.